In der Corona-Krise wird das Homeoffice für viele Arbeitnehmer von der Ausnahme zur Regel. Was viele dabei nicht wissen: Im Homeoffice gelten beim Versicherungsschutz ganz eigene Regeln.
Mit dem Coronavirus erodiert, ganz nebenbei, die Präsenzkultur in deutschen Büros. War das Homeoffice für viele Arbeitnehmer bislang als Ausnahmeregelung vorgesehen (Kind erkrankt, Handwerker im Haus), ist der Heimarbeitsplatz in Zeiten notwendiger sozialer Isolation in vielen Betrieben das Mittel der Wahl. Hinzu kommt: Kostengünstigere digitale Hilfsmittel ermöglichen neue Formen der Zusammenarbeit, ohne dabei physisch anwesend zu sein.
Das Homeoffice bringt jedoch nicht nur Veränderungen für die Arbeitgeber und -nehmer mit sich, sondern auch in punkto Versicherungsschutz. Die gesetzliche Unfallversicherung unterscheidet hier streng zwischen privaten und beruflichen Tätigkeiten. Das ist konsequent – birgt aber in der Praxis immer wieder Unsicherheiten.
Wie bin ich beim Arbeiten gesetzlich unfallversichert?
Prinzipiell gilt: Während der Ausübung ihres Berufs und auf dem Weg zu und von der Arbeit sind Arbeitnehmer gesetzlich unfallversichert. Das gilt unter anderem auch für Schüler, Studenten und Ehrenamtliche während ihrer Tätigkeit. Für Unfälle, die nicht in Verbindung mit der beruflichen Tätigkeit stehen, leistet die gesetzliche Unfallversicherung hingegen nicht.
Im Homeoffice verschmelzen Berufliches und Privates
Doch was genau gehört zur Arbeit und was nicht? Mit dieser Frage müssen sich regelmäßig Gerichte auseinandersetzen. Das Homeoffice spitzt diese Frage zu: Allein durch die räumliche Situation verschmelzen hier der berufliche und private Bereich noch stärker als etwa auf dem Arbeitsweg. Die Rechtsprechung versucht, Berufliches und Privates nach Unfällen im Homeoffice fein säuberlich aufzudröseln – mit Folgen für den Versicherungsschutz:
Beispiel-Urteil 1: Sturz beim Wasserholen
Wer sich im Homeoffice etwas zu essen oder zu trinken holt und dabei stürzt, ist nicht versichert. Ein Arbeitnehmer war im Homeoffice in seiner Dachgeschosswohnung zum Wasser holen die Treppe hinuntergestiegen und schwer gestürzt. Das Bundessozialgericht hat 2016 entschieden, dass dieser Sturz nicht gesetzlich unfallversichert ist. „Wenn bei einer häuslichen Arbeitsstätte (Home-Office) ein Weg innerhalb des Wohngebäudes zurückgelegt wird, um einer eigenwirtschaftlichen Tätigkeit (hier: Trinken) nachzugehen“, so das Urteil, bestehe kein Versicherungsschutz. Laut Bundessozialgericht könne man den Arbeitgeber nicht für die Risiken in der privaten Wohnung des Arbeitnehmers verantwortlich machen. (Bundessozialgericht, Aktenzeichen B 2 U 5/15 R)
Beispiel-Urteil 2: Sturz beim Wasserlassen
Im Büro ist der Weg zur Toilette gesetzlich unfallversichert. Im Homeoffice gilt diese Regel nicht. So sieht es jedenfalls das Sozialgericht München. Ein Arbeitnehmer war auf dem Rückweg vom heimischen WC gestürzt und wollte den Sturz als Arbeitsunfall geltend machen. (Aktenzeichen: S 40 U 227/18).
Beispiel-Urteil 3: Sturz auf dem Weg zur Kita
Wer sein Kind auf dem Weg zur Arbeit in einer Kita absetzt, ist gesetzlich unfallversichert. Diese Regelung besteht seit 1971. Wer dagegen auf dem Weg von der Kita zum Heimarbeitsplatz stürzt, ist es laut Bundessozialgericht nicht.
Eine Mutter stürzte mit dem Fahrrad auf Blitzeis und brach sich den Ellenbogen. Sie war auf dem Rückweg von der Kita zu ihrem Heimarbeitsplatz. Ihre Krankenkasse wollte die Behandlungskosten (19.000 €) vom Träger der gesetzlichen Unfallversicherung zurückholen – vergeblich. Sowohl das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen als auch das Bundessozialgericht sahen darin keinen Arbeitsunfall (Aktenzeichen: B 2 U 19/18 R).
Zusammengefasst: Wer im Homeoffice etwas tut, was nicht in direktem Zusammenhang zu seiner Arbeit steht, ist nicht gesetzlich unfallversichert.
Immer geschützt mit der privaten Unfallversicherung
Wer einen Rundumschutz möchte, sollte über eine private Unfallversicherung nachdenken. Egal, ob bei der Arbeit oder in der Freizeit: Die private Unfallversicherung schützt vor Unfällen rund um die Uhr. Hat ein Unfall bleibende Folgen, zahlt die Unfallversicherung einen Einmalbetrag und – bei besonders schweren Folgen – eine lebenslange Unfallrente. Einige Unfallversicherer bieten zusätzlich Rehabilitationsleistungen. Aber auch, wenn der Unfall keine bleibenden Folgen hat, hilft die private Unfallversicherung zum Beispiel mit
- Kostenerstattung für unfallbedingte kosmetische Operationen
- Erstattung von Bergungskosten, etwa bei Unfällen im Urlaub
- Tagegeld und Krankenhaustagegeld
- Todesfallleistung für Hinterbliebene
- Hilfeleistungen zu Hause (z. B. Pflege-, Menü- und Reinigungsservice).